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+++Freising: Verlegung eines „Stolpersteins“ für Johann Rannertshauser+++

Bildtext: Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher, Geschichtsreferent Guido Hoyer und Oberstudienrat Andreas Decker (vorne v.l.) enthüllen die kleine Gedenktafel. Komplett finanziert hat Fritz Schulte (rechts, mit dem Bild von Johann Rannertshauser) den Stolperstein. (Foto: Stadt Freising) Stolperstein Johann Rannertshauser

Wir sind heute an diesem unscheinbaren Ort zusammengekommen, um an einen unserer Bürger zu erinnern. Er hieß Johann Rannertshauser und ist 1913 hier in Haus-Nr. 5 geboren worden. Im Alter von nur 31 Jahren endete sein Leben am 28. April 1945 in der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren. Dort war der gesellschaftlich und politisch unangepasste Johann Rannertshauser seit 1940 festgehalten worden – wegen angeblicher Geisteskrankheit. Sein Tod erfolgte aufgrund einer unbehandelten Erkrankung und einer starken Gewichtsabnahme, die die Anwendung der berüchtigten „Entzugskost“ vermuten lässt. Johann Rannertshauser starb im Rahmen der nationalsozialistischen „Euthanasie“.

Es ist Zeit, dass wir in Freising an das traurige, unmenschliche Schicksal von Herrn Rannertshausers erinnern. Dauerhaft. Das sind wir heutige Freisingerinnen und Freisinger ihm wie auch allen anderen Opfern der NS-Terrorherrschaft schuldig.

Die Stadt Freising begrüßt deshalb ausdrücklich die Initiative zur Verlegung eines „Stolpersteins“ für Johann Rannertshauser.

Ich danke an dieser Stelle den Initiatoren Andreas Decker, Peter Floßmann und Dr. Fritz Schulte. Eine erste nähere Beschäftigung mit dem Schicksal von Herrn Rannertshauser hatte sich im Rahmen eines W-Seminars am Camerloher-Gymnasium ergeben, das Oberstudienrat Andreas Decker anleitete.

Die Stadt Freising hält die Verlegung von „Stolpersteinen“ seit vielen Jahren für eine geeignete und würdige Form, die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus wachzuhalten.

Gestartet wurde das bedeutende erinnerungskulturelle Projekt im Jahr 2005 – damals eine Initiative der Schülerin Katharina Prokopp. In den Jahren 2005, 2007 und 2016 wurden bislang 17 Steine verlegt. An Johann Rannertshauser soll nun der 18. Freisinger „Stolperstein“ erinnern.

Erinnerungskultur lebt immer auch davon, dass etwas gesehen, entdeckt und richtig eingeordnet wird. Davon lebt gewissermaßen auch das Konzept der „Stolpersteine“. Das, was sich vor unseren Füßen auf dem Boden auftut, nehmen wir vielleicht sogar leichter wahr als größere Gedenktafeln an Hausfassaden.

„Stolpersteine“ – und gerade auch die bisherigen 18 Freisinger Steine – zeigen zudem recht deutlich, dass NS-Opfer immer auch Nachbarn waren und mitten in der Stadt lebten, bevor man sie dazu zwang, ihr Lebensumfeld für immer zu verlassen: in der Hauptstraße, in der Bahnhofstraße, in der Wippenhauser Straße oder – wie hier – in der Jahnstraße. Die Steine ermöglichen ein sehr direktes, alltagskonfrontatives Gedenken. Sie machen es uns weniger leicht, die Erinnerung an die unfassbaren Verbrechen der NS-Zeit und die Verantwortung, die wir dafür bis heute tragen, sozusagen „auszulagern“. Die Erinnerung muss mitten unter uns stattfinden.

Auch die Geschichte von Johann Rannertshauser muss hier erzählt werden, hier mitten in Freising. Der kleine „Stolperstein“ soll dafür der Ausgangspunkt sein.

Ich danke Ihnen für Ihr Kommen und Ihr Interesse, ich danke Herrn Geschichtsreferent Dr. Hoyer für seine achtsame Begleitung und dem Stadtarchiv unter Leitung von Herrn Notter sowie dem Bauhof für die Vorbereitung dieser Veranstaltung samt der Verlegung des „Stolpersteins“.

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